Anpassung an den Klimawandel: Bundesrat zieht positive Zwischenbilanz

    Die Schweiz erstattet regelmässig Bericht über ihre Anpassungen an den Klimawandel. Der Bundesrat muss den Bericht genehmigen. Wie immer, fällt er positiv aus. Wie immer, ortet man Handlungs­bedarf.

    (Bild: pixabay) Der Handlungsbedarf bei der Klimaanpassung ist nach wie vor gross.

    An seiner Sitzung Ende November 2023 hat der Bundesrat den Bericht über die Umsetzung des Aktionsplans zur Anpassung an den Klimawandel 2020–2025 zur Kenntnis genommen. Der Bericht zeigt, dass die Massnahmen zur Klimaanpassung wirken. Er zeigt aber auch, dass der Handlungsbedarf bei der Anpassung noch gross ist. Der Bundesrat hat die Verwaltung beauftragt, die Anpassungsstrategie der Schweiz bis 2025 zu überarbeiten und einen neuen Aktionsplan für die Zeit bis 2030 vorzulegen.

    Die Medienmitteilung des Bundesrates liest sich fast schon pathetisch: Der Klimawandel wirkt sich in der Schweiz auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft aus. Beispielsweise treten häufiger Trockenheitsepisoden oder Starkniederschläge auf. Neben der Verminderung der Treibhausgasemissionen sind daher Massnahmen zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels unumgänglich.»

    Strategie ohne das Positive
    Interessanterweise werden die positiven Aspekte des Klimawandels nicht betont. Dank der milden Winter ist der Schweiz eine Strommangellage erspart geblieben. Dank der wärmeren Sommer ist die inländische Produktion einiger landwirtschaftlicher Güter gestiegen. Wegen der Wärme sind einige Weine besser geworden. Wer Bilanz zieht – so der Bundesrat – sollte eben beides analysieren, Plus und Minus.

    Tatsache ist: Seit dem Jahr 2012 hat das Land eine Strategie «Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz». Diese wird aktuell mit dem Aktionsplan 2020–2025 zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt. An seiner Sitzung Ende November 2023 hat der Bundesrat den Bericht über die Fortschritte bei der Umsetzung des Plans zur Kenntnis genommen.

    Massnahmen zur Klimaanpassung wirken
    Gemäss Medienmitteilung zeigt der Bericht, dass die Massnahmen zur Klimaanpassung wirken. Grosse Fortschritte wurden bei den sektorübergreifenden Wissensgrundlagen erzielt, wie beispielsweise den Schweizer Klimaszenarien, den hydrologischen Grundlagen oder Analysen zur Auswirkung des Klimawandels. Diese Grundlagen helfen den Kantonen und Gemeinden bei Projekten zur Klimaanpassung auf der lokalen Ebene.

    Im Rahmen des Aktionsplans liessen sich zudem wichtige Erkenntnisse für die praktische Umsetzung von Anpassungsmassnahmen gewinnen. Im Pilotprogramm «Anpassung an den Klimawandel» wurden 50 Projekte umgesetzt, welche die Auswirkungen des Klimawandels auf lokaler, regionaler und kantonaler Ebene konkret abmildern.

    Der Bericht zeigt, dass der Nutzen der meisten Projekte die Kosten der Umsetzung deutlich übersteigt. Der Handlungsbedarf bei der Klimaanpassung ist aber nach wie vor gross. Es gilt deshalb, erprobte Massnahmen überall dort umzusetzen, wo es möglich und sinnvoll ist.

    Umsetzung in den Kantonen läuft
    Aufbauend auf der Anpassungsstrategie des Bundesrates haben bis Anfang 2022 15 Kantone eine Anpassungsstrategie erarbeitet, in weiteren neun Kantonen war eine solche geplant. Die von den Kantonen ergriffenen Massnahmen fokussieren vor allem auf die Sektoren Waldwirtschaft, Gesundheit, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Raumplanung, Biodiversität und den Umgang mit Naturgefahren. Die Umsetzung der Projekte ist grundsätzlich auf gutem Weg, so die Medienmitteilung.

    Der Bundesrat will aber die Strategie anpassen und einen Massnahmenplan bis 2030 erarbeiten. Mit dem neuen Aktionsplan wird auch der Auftrag aus dem Klimaschutzgesetz erfüllt, Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zum Schutz vor den negativen Auswirkungen zu ergreifen.

    Henrique Schneider


    Schlussfolgerungen des Berichts

    Der Bericht über die Umsetzung des Aktionsplans Anpassung an den Klimawandel 2020– 2025 zieht folgende Schlussfolgerungen (in einem etwas gekürzten Text):

    «Die präsentierten Befunde zeigen, dass in den letzten Jahren in vielen Bereichen der Anpassung gute Fortschritte erzielt wurden, was unter anderem auch auf die Umsetzung der Empfehlungen im Controlling-Bericht 2017 zurückzuführen ist.

    Auf Bundesebene beruhen die Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel nach wie vor auf Artikel 8 des CO2-Gesetzes und beschränken sich deshalb auf die Koordination von Anpassungsaktivitäten und das Bereitstellen der dafür nötigen Grundlagen. Mit dem Inkrafttreten des KlG wird der gesetzliche Auftrag jedoch gestärkt: Bund und Kantone erhalten den Auftrag, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür zu sorgen, dass Massnahmen zum Schutz vor und zur Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels ergriffen werden. Aber auch die Kantone sind aktiv und integrieren die Anpassung zusehend in ihre Gesetzgebung.

    Die Anpassungsstrategie des Bundesrats aus dem Jahr 2012 wird momentan mit dem zweiten Aktionsplan 2020–2025 umgesetzt. Vielen Kantonen und Gemeinden dienen Strategie und Aktionsplan als Orientierungshilfe. Damit ist gewährleistet, dass die Stossrichtung und Inhalte der bundesrätlichen Strategie kaskadenartig auf kantonaler und kommunaler Ebene den örtlichen Gegebenheiten angepasst und umgesetzt werden. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung verfügten bereits 15 Kantone über eine eigene Anpassungsstrategie und in neun Kantone war eine solche in Erarbeitung oder in Planung.

    Bereits bei der ersten Evaluation der Anpassungsstrategie wurde deren sektorenübergreifende Ausrichtung als zielführend beurteilt. In den Erhebungen wurde vorgeschlagen, dass bei der Weiterentwicklung der Anpassungsstrategie weitere Herausforderungen wie beispielsweise die Auswirkungen des Klimawandels auf die Versorgungssicherheit, die Finanzierung, die Wirtschaft sowie Verkehrsinfrastrukturen und die Mobilität berücksichtigt werden.

    Bei der Umsetzung von Massnahmen wurden Fortschritte erzielt. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sind viele Massnahmen aus dem Aktionsplan 2020–2025 bereits umgesetzt oder befinden sich in Umsetzung. Sechs Massnahmen mussten wegen der Priorisierung von Ressourcen für andere Aufgaben zurückgestellt werden und bei 29 Massnahmen ist die Umsetzung wegen der anderweitigen Priorisierung von Ressourcen nur eingeschränkt möglich.

    Hervorzuheben sind die Fortschritte bei den Massnahmen zur Bereitstellung von sektorenübergreifenden Wissensgrundlagen wie beispielsweise Klimaszenarien, hydrologische Szenarien oder Impactanalysen. Sie werden unter dem Dach des 2015 gegründeten NCCS koordiniert. Mit dem Forschungsprogramm NCCS-Impacts werden in den kommenden Jahren weitere Grundlagen zu den Auswirkungen des Klimawandels bereitgestellt.

    Die Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie wird auf Bundesebene im Rahmen des Interdepartementalen Ausschusses Klima koordiniert. Beim grössten Teil der Massnahmen werden die bestehenden Schnittstellen berücksichtigt und werden die Massnahmen aufeinander abgestimmt umgesetzt. Die vertikale Zusammenarbeit bei der Umsetzung von sektoralen Massnahmen erfolgt im Rahmen der jeweiligen Sektorpolitik und funktioniert mehrheitlich gut bis sehr gut.

    Die Beurteilung der Wirkung der Massnahmen ist nur auf Bundesebene möglich. Für einen Grossteil der Massnahmen im Aktionsplan wird der Beitrag zur Reduktion der klimabedingten Risiken als mittel bis gross beurteilt. Allerdings gibt es auch Klima-Risiken, zu deren Verminderung keine einzige Massnahme einen relevanten Beitrag leistet.»


    Empfehlungen des Berichts

    Selbstverständlich macht der Bericht noch Handlungsempfehlungen. Es sind diese (in einem etwas gekürzten Text):

    «1. Umsetzung der Massnahmen aus dem Aktionsplan 2020-202: Die Anpassungsmassnahmen des Aktionsplans 2020–2025 sollen weiter umgesetzt und abgeschlossen werden. Wo nötig sollen die Ziele der Massnahmen überprüft und angepasst werden.

    2. Überarbeitung der Anpassungsstrategie: Die Anpassungsstrategie ist in die Jahre gekommen. Für die Zeit nach 2025 soll sie überprüft und basierend auf der aktualisierten Datengrundlage überarbeitet werden. Dabei soll auch die Ergänzung mit weiteren Sektoren und Querschnittsthemen (Wirtschaft, Versorgungssicherheit, Verkehrsinfrastrukturen und Mobilität) geprüft werden.

    3. Neubeurteilung der Handlungsfelder und des Handlungsbedarfs: Die Analyse der klimabedingten Risiken und Chancen in der Schweiz wird momentan auf der Grundlage der Klimaszenarien CH2018 und hydrologischen Szenarien Hydro-CH2018 überprüft und aktualisiert. Ausgehend davon und unter Berücksichtigung der Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans 2020–2025 und der damit erzielten Wirkungen sollen die Handlungsfelder und der Handlungsbedarf bei der Anpassung neu beurteilt werden.

    4. Weiterentwicklung des sektorenübergreifenden Ansatzes: Weiterhin soll die Anpassung in die Sektorstrategien integriert und sektorale Massnahmen im Rahmen der jeweiligen Sektorpolitik umgesetzt werden. Aber für die Bewältigung der sektorenübergreifenden Herausforderungen wie beispielsweise die zunehmende Hitzebelastung im Siedlungsgebiet, die zunehmende Sommertrockenheit, das zunehmende Hochwasserrisiko und die annehmende Hangstabilität soll die sektorenübergreifende Ausrichtung der Anpassungsstrategie weiterentwickelt und gestärkt werden.
    Konkret soll geprüft werden, ob die betroffenen Sektoren dafür gemeinsame Massnahmen entwickeln und umsetzen sollen. Zudem soll für die identifizierten Schnittstellen zwischen den Massnahmen verbindlich geregelt werden, wie Konflikte vermieden resp. minimiert und Synergien genutzt werden können.

    5. Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren: Beim Wissenstransfer und bei der Umsetzung von Massnahmen zur Bewältigung der sektorenübergreifenden Klima-Risiken fokussierte der Bund bislang auf die Zusammenarbeit mit den Kantonen. Um den Vollzug der Anpassungsstrategie auf allen Ebenen zu stärken, soll geprüft werden, wie der Austausch und die Zusammenarbeit aller betroffenen Akteuren (Bund, Kantone, Gemeinden, Wissenschaft, Wirtschaft) verbessert werden kann.

    6. Finanzierungsmechanismus zur Unterstützung der Kantone und Gemeinden: Nebst knappen finanziellen und personellen Ressourcen sind es vor allem die fehlenden Finanzierungsmechanismen, die die erfolgreiche Umsetzung von Massnahmen zur Bewältigung der sektorenübergreifenden Klima-Risiken behindern.»

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